Meine Tochter Amelie (16) erkrankte im August 2017 an Magersucht. Sie wurde erst für 4 Tage in einem Krankenhaus behandelt und dann anschließend in die Kinder – und Jugendpsychiatrie überwiesen. Dort teilte sie sich das Zimmer mit einer weiteren Patientin. Schon beim Aufnahmegespräch fragte meine Tochter nach, ob es ein Klavier auf der Station gäbe. Das wurde zwar bejaht, allerdings steht das Klavier in einem angrenzenden Gebäude im Musiktherapieraum, der ohne Begleitung nicht betreten werden durfte. Dabei hat Klavierspielen für meine Tochter eine besondere Bedeutung.
Sie spielte bereits für einige Jahre Saxophon, womit sie sich aber nie richtig anfreunden konnte. Schließlich entdeckte sie das Klavier für sich. Stundenlang saß sie zuhause am E-Piano und versuchte, Melodien von Pop-Songs nachzuspielen. Schnell hatte sie sich alles Grundlegende beigebracht und entwickelte ein erstaunliches Talent. Sie spielt alles nach Gehör, Noten benutzt sie nicht. Alles, was ihr gefiel, wurde nachgespielt, sei es „Für Elise“ oder die Filmmusik von „La-La-Land“. Ab und zu ließ sie sich von mir etwas zeigen, auch klassische Sachen. Klavierunterricht an der Musikschule wollte sie allerdings nicht haben, sie wollte es auf ihrem eigenen Weg lernen.
Dann kam die Magersucht und mit ihr die Einweisung. Und die Stille.
Handys sind auf der Station verboten, damit ist auch jedes Musikhören ausgeschlossen. So bat sie häufig darum, das Klavier im Musiktherapieraum benutzen zu dürfen, was aber nur ab und zu gelang. Denn jedes Mal musste ein Betreuer mitgehen. Wenn sie jemanden fand, der Zeit hatte, konnte sie stundenlang spielen, bis sie abbrechen musste.
Daher kam bei uns die Idee auf ihr ein Klavier ins Zimmer zu stellen. Unser eigenes E-Piano ist zu groß und unhandlich. Zuerst ging ich in den hiesigen Musikladen, immerhin gibt es einen in unserer Kleinstadt. Ich fragte nach, ob die Möglichkeit bestände, ein Keyboard oder ähnliches für einen bestimmten Zeitraum zu leihen. Diese Möglichkeit bestand leider nicht.
So suchte ich im Internet und wurde schnell bei „Tastenexpress“ fündig. Die schlichte, gut übersichtliche Seite gefiel mir auf Anhieb, die Mietpreise waren erschwinglich. Daher stellte ich eine Anfrage nach einem Miet-Piano (Roland FP-30) und bat gleichzeitig darum, es aufgrund der Umstände so schnell wie möglich zu schicken. Meiner Tochter ging es nämlich zwischenzeitlich schlechter und ich hatte das Gefühl, dass das Klavier ihr helfen könnte aus dem Tief wieder herauszufinden.
Das Tastenexpress-Team reagierte sofort und schickte das Stage-Piano in einem Rekordtempo. Gleich am nächsten Tag brachte ich es meiner Tochter in die Klinik und gemeinsam bauten wir es auf. Meine Tochter war überglücklich und probierte es sofort aus. Ich hatte Kopfhörer mitgebracht, denn natürlich konnte sie auf der Station nicht „hörbar“ spielen. Schon ein paar Tage später bat meine Tochter mich um ein Kabel, an den man einen zweiten Kopfhörer an den ersten anschließen konnte, damit ihre Zimmerkameradin, die nicht Klavier spielen konnte, mithören konnte.
Und von da an spielte Amelie in jeder freien Minute. Am Anfang konnte sie die Klinikschule noch nicht besuchen, hatte daher viel Zeit. Und spielte und spielte. Immer wenn ich anrief, musste sie erst vom Klavier geholt werden. Sie fing an, sich selbst Stücke auszudenken und arbeitete jeden Tag daran weiter. Eines nannte sie „Recovery“ und beschrieb mit der Musik ihre Gefühle in der letzten Zeit. Zwischendurch bastelte sie – gemeinsam mit dem Mädchen aus ihrem Zimmer – eine Flut von bunten Noten, die sie an der Wand über dem Klavier befestigten, bis die ganze Wand bedeckt war. Ein Lichtblick in dem ansonsten sehr karg ausgestatteten Zimmer.
Gelegentlich spielte sie auf Wunsch der anderen Patienten auch ohne Kopfhörer und ließ dabei die Zimmertür offen. Selbst ihre Zimmergenossin – inzwischen zur Freundin geworden – bekam von der Therapeutin die Aufgabe „sich von Amelie etwas auf dem Klavier beibringen zu lassen“. Und so saßen die beiden oft gemeinsam daran.
In der Adventszeit veranstaltete die Station ein kleines Adventskonzert, zu dem alle Jugendlichen etwas beitragen konnten. Da wurde gemeinsam getrommelt und Lieder vorgetragen. Auch Amelie beteiligte sich mit einigen Klavierstücken daran. Außerdem spielte sie gemeinsam vierhändig mit dem Mädchen aus ihrem Zimmer ein Weihnachtslied, wobei sie sich die Begleitung selbst ausgedacht hatte. Es war ein schönes Ereignis im sonst eher tristen und anstrengenden Klinikalltag.
Inzwischen geht es Amelie viel besser und die Entlassung steht an. Daher muss sie sich von dem liebgewonnenen Stage-Piano trennen, denn zuhause haben wir ja ein Klavier.
Abschließend kann man sagen, dass ich mir sicher bin, dass das bei Tastenexpress gemietete Instrument sehr dazu beigetragen hat, den Aufenthalt in der Klinik erträglicher zu machen und auch zur Gesundung beigetragen hat. Auch wenn Amelie noch einen langen Weg vor sich hat, bis sie wieder ganz gesund ist … die Musik wird ihr dabei helfen, da bin ich mir sicher. Und daher einen großen Dank an Tastenexpress für die superschnelle Sendung des Instruments und für den netten Kontakt!